(K)eine Extrawurst für die Mädels

Wer kennt Rapha? Bitte mal die Hände heben, aha. Ich zähl da drei, zwölf, 48, 264… okay, eine Menge kennen Rapha. Wer trägt Rapha beim Radfahren? Auch hier bitte einmal melden – huch. Das sind etwas weniger. Aber zu erwarten, eine Marke zu mögen und eine Marke finanziell zu unterstützen sind zwei paar Schuhe. Für Mädels ist das von Grund auf eine ganz andere Nummer. Denn egal was wir mögen, im Rennradsport mögen wir zuerst die Männerklamotten. Und merken dann, dass es eben Männerklamotten sind. Und wir eben doch keine Männer sind. Mist.

Mädels machen Sport, das ist nun einmal so. Frauen sind immens starke, vielfältige und faszinierende Sportlerinnen. Starke Frauen finde ich bildhübsch, sportlich starke Frauen. Frauen, denen ich ansehe, dass sie den Volleyball verdreschen können, den Trail beherrschen oder Tanlines mit Gegenwind züchten. Frauen, die beim Leiden lächeln, bei Fahrtwind durchatmen, beim Laufen Ankommen und vorm Aufhören nochmal alles geben. Ich liebe solche Frauen. Die Spaghettieisbecher schlemmen, im Winter in Seen springen, auf Bäume klettern, den Sonnenaufgang draußen begrüßen oder sich nach dem zweiten Frühstück am Sonntag ins Bett verkrümeln. Solche Frauen haben auch ebenso starke, einzigartige und die Sportlerin in den Mittelpunkt rückende Kleidung verdient. Finde ich.

Wieso ist es dann sooft, dass Marken, die sich dann endlich trauen für Frauen Produkte anzubieten, sich einbilden, die Frau von heute brauche eine Extrawurst? Viele kleine Marken, die unsagbar tolle Designs und Produkte anbieten, entscheiden sich erst nach einer Weil auch Produkte für Frauen im Repertoire zu haben. Warum? Weil das Geld auch stimmen muss. Im Rennradsport gibt es mehr Designgeile Männer als OBs in einer Damenhandtasche zu finden sind oder der gemeine Läufer an Laufschuhe hat oder der Ex Haarklammern von ihr in seiner Wohnung findet. Also eine Menge. Das rentiert sich, da kann man kaum etwas falsch machen. Aber Frauen im Radsport gibt es seltener, vor allem jene, die ihre Liebe zum Sport mit Liebe zur Mode kombinieren möchten. Daher bietet man für Frauen seltener Produkte an und davon oft weniger und schon garnicht im Stil der bisherigen Produkte.

Denn Frauen brauchen Ranken. Schnörkel. Verzauberte kleine Schriftzüglein mit Blümchen und pinken Blumen und unterhaltsamen Mustern sowie Glitzer. Okay, letzteres ist erfunden. Würd mich aber nicht wundern. Denn das brauchen wir Frauen ebenso wenig wie nur die obig genannten Schnörkelmonster. Ich hab ein Shoppen auf manchen Plattformen aufgegeben, meine bestellten Trikots habe ich mit Igitt-Schreien zurück geschickt, weil ich nicht sah, dass das Logo auf dem linken Ärmel in unendlichen Linien den Arm verzierte oder Pearl Izumi fett und schnulzig auf dem Rücken stand.

Rapha bietet hingegen sehr viel für die Frau. Als bekannte und jedoch zwiespältig diskutierte Marke, die ich einfach sehr mag, hat sie der Frau sehr früh einen prominenten Platz geschenkt. Gott sei dank, endlich eine Marke die es schnallt. Tonne auf, Romanzen-Jersey-Mist rein, auf zu Rapha. Schlichte Designs, klare Linien, keine 4 Farben in einem Jersey. Nun gut, der Preis ist eine Ecke, an der sich so manche stößt. Mit argem blauen Fleck. Dennoch weiß ich aus Erfahrung, dass sich das Investieren lohnt. Wirklich lohnt bei den Jerseys. Nur denkt wohl Rapha nicht so.

Denn wie viele andere Marken, kriegen wir Frauen eine Extrawurst. „Ey, Jerome-Gustav – lass uns was für die Frauen machen! Aber bloß nicht das, was es für die Männer gibt. Denn auch wenn die davon schon begeistert und deswegen überhaupt Fan der Marke geworden sind, wollen die sicherlich andere Farben haben. Und Muster! Jaaaa! Los, designen wir uns den Popes ab Jerome-Gustav!“ So ungefähr muss das da abgehen. Und bei allen anderen Marken, die das Gebiet „Frauen im Sport“ angehen. Extrawurst.

Ja. Wir brauchen eine. Nicht alle, aber manche schon. Wir haben eine Taille, einen Hintern, wir haben Brüste. Dinge, die das Design von den meisten Männertrikots – wer weiß – nicht abdeckt. Um dann an der Hüfte gut zu sitzen und nicht nach oben zu wandern, weil es zu eng ist, muss es größer sein. Dann aber schlabbert es an Taille und Brust sowie Armen und man könnte als Flughörnchen durchgehen. Ist das aerodynamisch? Es ist auf jeden Fall unbequem, schaut doof aus und lässt uns das Gefühl haben, wir hätten dem 5 Jahre älteren männlichen Cousin die Trainingsanzüge an. Um Geld zu sparen ist das sicherlich sinnvoll, aber nicht, wenn wir 140,- Euro ausgeben. Oder 85,- Euro. Oder Geld an sich!

Die Extrawurst heißt also: Ihr passt eure Kleidung dem männlichen Körper an. Dann passt sie dem weiblichen Körper ebenfalls an. Wieso sollten wir mit Männergrößen rumlaufen, wenn Männer nicht mit Frauengrößen leben müssen? Nun, das ist auch etwas was wir nicht sehen wollen. Oder doch? Ich bin verwirrt. Aber die starke Sportsfrau wird irgendwie nicht für voll genommen und ihr nicht die perfekte Ausrüstung geliefert, die sie für ihren Sport braucht. Ist doch irgendwie unfair. Legt nach Marken, legt nach!

Daher ein riesiges Lob an all jene Marken, die seither ihr Bestes geben, um uns Frauen ein Toplevel an Qualität zu liefern. Aber wir müssen trotzdem reden. Es geht um diese Extrawurst. Denn die wird aktuell nicht als „Gebt uns Frauengrößen“ verstanden, sondern als „Gebt uns Frauendesigns“. Und wie oben gesagt: nicht alles was glitzert, pink und verschnörkelt ist, entspricht dem, was wir wollen. Warum designt ihr für Männer so sagenhaft tolle Sachen, aber bietet diese nicht einfach auch in Frauengrößen an? Würdet ihr dadurch nicht Kosten sparen? Könntet ihr nicht eine Special Womens Collection machen, die eure Designträume umsetzen lässt, uns aber die tollen Basics von Männer in Frauengrößen ebenfalls genießen lässt? Ganz konkret: Rapha, kannst du nicht auch uns Frauen das Special Classic Jersey anbieten anstatt das nur den Männer zu ermöglichen? Rapha, kannst du deine „Blurry Line“ Jerseys nicht auch für Frauen anbieten, anstatt nur die Männer in diese geilen Jerseys zu stecken?

Wir brauchen doch keine Extrawurst. Einfach nur Radklamotten in unserer Größe, in unseren Maßen. Denn wir mögen die Marke ja schon aufgrund dessen was wir sehen, auch wenn das nur für Männer verfügbar wäre. Und ratet mal, was wir nicht sind: ein Einheitsbrei. Nicht jede mag Pink, nicht jede meidet Muster, nicht jede liebt Pastellfarben. Deswegen zerbrecht euch doch nicht den Kopf, was wir mögen wollen würden und welche neue Kollektion ihr wie für uns machen müsstet und warum lieber nicht. Bleibt eurer Marke treu, euren Designs und bietet uns gut sitzende Radkleidung an. Dann seht ihr schon, was Sache ist. Und wenn ihr dann wollt, dann könnt ihr Extras anbieten, bis der Arzt kommt. Aber das mit dieser Extrawurst, das muss nicht immer sein. Am Ende bleibt ihr auf der nämlich hocken, denn am Ende lassen wir uns dann nicht vorschreiben was wir anzuziehen haben. Und wenn wir etwas machen, was wir so sehr lieben wie unseren Sport, dann wollen wir diese Leidenschaft in jede Faser tragen. Auch in unsere Sportausrüstung. Und dieses Verständnis erwarten wir auch von euch.

8 Antworten zu “(K)eine Extrawurst für die Mädels

  1. So wahr! Manchmal frag ich mich, für wen die die Klamotten machen – egal ob Sport oder „zivil“! Und Freundinnen mit den unterschiedlichsten Körperformen klagen über die Schnitte.
    Bei den Farben & Designs von Sportkleidung bin ich zwiegespalten. Normalerweise steh ich nicht so auf pink, aber beim Laufen liebe ich z.B. mein Batman-Shirt mit Glitzerlogo.
    Ich hab mir jetzt ein Trikot und eine Jacke von dhb bei wiggle bestellt, weil die Sachen schöne, aber nicht zu mädchenhafte Farben haben. Beim Anprobieren kann ich sagen: Der Schnitt passt auch zu meiner Figur, auch wenn es unten noch ein, zwei Milimeter mehr sein könnten.

    Nunja, wir haben uns alle nicht gemalt – und unsere Klamotten können wir leider auch nicht malen.

    • Ja, ich denke es ist wie mit allen Klamotten für Frauen: ideal ist es nur dann, wenn wir es an den Leib schneidern lassen 😉
      Aber freut mich, dass du bei dhb so fündig geworden bist, ich warte immer noch auf die Bilder 😛 Ich finde es auch toll, dass soviele unterschiedliche Marken mit eben unterschiedlichen Designs gibt – dennoch würd ich mir manchmal wünschen nicht immer diese hoch-aufwändige Extrakollektion zu haben, aber dafür coolere Designs. Aber es ist ein leidiges Thema, denn die einen lieben Glitzer, Pink&Co und andere eben halt weniger. Man kann’s nie jemanden recht machen, vor allem wenn wir Mädels noch so wenig im Rennradsport sind. Ich such weiter nach coolen Marken und sag dir dann Bescheid 🙂

  2. Mit Verlaub: Du setzt einfach auf die falsche(n) Marke(n). 😉
    Schon mal bei Sportful oder Castelli vorbeigeschaut. Tech wie Men und auch (!) in dezenteren non-Girly-Farben/Designs.
    dhb wurde ja schon genannt.
    Bei den Frauen bin ich noch ganz draufgekommen, aber bei Männern ist Rapha doch was für ältere Herren mit Bart, Tatoo und ohne Helm, die auf cool/retro machen wollen

    • Mit Verlaub, ich finde Sportful und Castelli einfach nicht hübsch, nichts hat mich davon überzeugt – soviel persönlichen Geschmack sprichst du mir aber schon zu, gell? 😉 Was mich aber dann mal fragen lässt, mit welchen Menschen du so unterwegs bist, wenn du ein so lustig-verqueres Bild von Rapha hast. Als wäre es a) schlimm mit „älteren Herren“ zu fahren, die b) eventuell sogar Bart tragen oder c) auch noch ein Tattoo – oh Graus! Diese Menschen ziehe ich gern allen aero-hightech-bunt gekleideten, Markennamen überall draufklebenden, Pulsgurt tragenden und Schotterwege meidenen Radfahrern vor – egal ob Rapha oder nicht.

  3. Die bei Rapha haben Dich wohl erhört. Da kam gerade der Newsletter zur neuen Kollektion (ich benenne die jetzt nicht, will ja hier keine Werbung machen :-). Trikots für Weiblein wie für Männlein, gleich Farben, keine Schnörkel, ich dachte direkt an Dein Plädoyer 🙂

    Abseits davon bin ich der Meinung, es wird produziert, was gekauft wird, und wenn es rosa Rändchen gibt, dann gefällt es wohl einfach zu vielen Personen des eh schon zahlenmäßig kleinen Kreises der Radfahrerinnen. Wird da am Ende doch auch nur um den Umsatz gehen…

    • Jup, die Core Collection – auch schon bewundert 😉 Und klar gibt der Umsatz die Melodie an, manche Frauen kaufen aber Männersachen und die, die Rankensachen mögen kaufen die auch, es gibt da also Bestätigung. Und nur wenige Marken schrauben das Kitsch-Programm runter. Rapha ist ein Beispiel, aber eine vielseitige Markenlandschaft ist immer gewünscht 😉

  4. Tja, da kann ich nichts weiter zu sagen als Amen! 🙌🏼

    Beim Radfahren mag ich es gern schlicht. Fand aber neulich mal von Odlo ein weißes Trikot mit roten Punkten eigentlich ganz hübsch… Sonst gerade im Olive-Himmel, auch beim Laufen. Mein neuer Tri-Suit ist aber ganz Mädchen, nachdem ich die letzten Jahre viel in Schwarz investierte. Keine Blümchen, dafür auch da Punkte und ein Kolbri 😂

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