„Wir wollen 95% aller Menschen erreichen.“ heißt es, wenn es um FitBit geht – dem Fitness-Wearable, das mit einem ISPO Award ausgezeichnet wurde und viele Fitness-Fans überzeugen konnte. Das musste ich mir natürlich im Detail auf der ISPO anschauen und folgte der Einladung, die ich als Bloggerin erhielt.
„Ich bin ja Crossfit-Master mittlerweile“ erklärt mir mein Ansprechpartner von FitBit. Die ersten Minuten verliefen im schönsten Denglisch, da die Empfangsdame nur Englisch sprach und wir dann einfach mit Englisch weitermachten. Irgendwann, als er sein eigenes Smartphone zückte, um mir seine FitBit-App im Detail zu zeigen, dämmerte es mir: „Da steht Herzfrequenz, warum sollte er als Nicht-Deutscher die App auf Deutsch haben?“ Daher fragte ich dann einfach non-chalant „Bist du Deutscher?“ „Äh, ja?“ „Ja cool, dann lass uns doch auf Deutsch weitermachen!“ während wir beide blöde lachten. So locker kann auch ein Gesprächsbeginn sein.
FitBit Herzfrequenz „PurePulse“
Durchgängig wird die Herzfrequenz gemessen – und das am Handgelenk. Mit LED-Technik wird das Zusammenziehen der Kapellarien auf der Haut reflektiert und entsprechend gemessen. Natürlich ist das niemals so genau wie die Messung via Brustgurt oder medizinischer Natur, das sollte man dringend berücksichtigen. Eine Abweichung von 5-8% ist normal, sodass man nur einen Schätzungsbereich hat. Für Leistungssportler oder solche, die mit genauen Herzfrequenzen trainieren, ist FitBit nur eine Erweiterung. Mein Crossfit-Gesprächspartner meinte auch, dass er die FitBit für seinen sportlichen Alltag verwende sowie zur Schlafüberwachung. „Wenn ich auf sowas wie einen Triathlon trainieren würde mit klaren Zielen, dann würde ich mir auch einen Brustgurt und eine Garmin zusätzlich holen. Das ist ja ein ganz anderes System mit einem anderen Ziel.“
Spannend ist es dennoch: Wie verhält sich mein Puls über den Tag hinweg? Wie im Schlaf, wie beim Treppensteigen, wie entwickelt er sich beim Krafttraining, wie reagiere ich auf Stress? Welche Fehler kennen auftauchen und habe ich wirklich, wie die iWatch sagte, nach dem Treppensteigen einen Puls von 177? (Hahahahahaaaa.)
Alltag, Stress und Schlaf
Das wird alles damit gemessen. Ich sehe eine Übersicht in der sehr einfach gemachten und coolen FitBit-App für’s iPhone. Sie arbeitet zackig und ist scheinbar leicht zu bedienen. Offenbar checkt die Uhr einfach so, wann ich schlafe. „Ich weiß bis heute nicht wie die Uhr das versteht, dass ich schlafen gehe!“ was ich auf ein Runterfahren der Herzfrequenz sowie Bewegungen schiebe – aber wer weiß? Vielleicht ein Geheimnis, das nie gelüftet würde?!
Die Übersicht der Wochen und der entsprechenden Herzfrequenzen zeigt mir, dass mein Crossfit-Gesprächspartner eine ordentliche Stresswoche mal hatte. Da gab’s wohl viel zu tun und viel Gründe, dass der Puls hoch geht. Dabei kann man auch sehen, auf was das zurück zu führen ist. Oder, wenn der Puls über längere Zeit recht hoch war, kann man auch gewisse Trainingspläne und -aktivitäten dafür verantwortlich machen.
Egal welcher Sport, die FitBit weiß es
Sagt man. Die Erkennung soll schnell funktionieren, die Abänderung geht ebenfalls einfach oder kann individuell eingestellt werden. „Ich mach eine Masterclass von Crossfit und die Uhr meinte, ich mache Aerobic. Neeeee, das hab ich gleich als Zirkeltraining dann eingespeichert.“ Und ich wundere mich, warum es keine Crossfit-Einstellung gibt. Gibt’s die?
Eine clevere Unterscheidung zwischen verschiedenen Aktivitäten ist sinnvoll – und wichtig für den Erfolg einer guten Fitness-Uhr. Ein Fitness-Tracker oder Fitness-Armband kann das beispielsweise nicht, da es meist nur die Bewegungen des Arms misst. Wer also Rad fährt, egal wie lange, bewegt sich einen Scheiß. Und ich werde da leicht aggressiv, wenn mir die Uhr sagt „Beweg dich!“ und ich versuche gerade, meine 80km Radtour zu verdauen.
FitBit – für was geeignet?
Es gibt drei Hauptproduktgruppen, was die möglichen 95% Menschen, die FitBit erreichen möchte, realistischer aussehen lässt.
- Jeden Tag
- Aktive Leute
- Höchstleistung
Die Herzfrequenzmessung PurePulse ist bei den letzten zwei Gruppen verfügbar. Verständlich, denn wer keinerlei Interesse an Sport oder Fitness hat, der ist mit Herzfrequenz&Co. etwas überfordert. Ich jedoch interessiere mich tatsächlich nur für die, die PurePulse aufweisen. Das ist etwas besonderes, was einen spannenden Mehrwert aufweist. Wenn es verständlich und einfach anzuwenden ist.
Zu der PurePulse-Produktgruppe gehören die Blaze, Charge und Surge. Alles Produkte die mit der schön ausgearbeiteten App funktionieren. Und bei der Uhr geht es nicht nur um Schritte zählen und das Bummperln des Herzens zu überwachen. Folgende Punkte sollen erfolgreich überwacht und über die App verfolgt werden können:
- Aktivitäten des Tages
- Schlafentwicklung
- Mobile Run
- Trainingsaktivität
- Trainingskalender
- Community
- Kalorienzähler
- Lebensmittel aufzeichnen
- Trinken überwachen
- Gewichtsziel
- GPS-Tracking
„Wir wollen keine zweite iWatch sein.“ untermalt mein Crossfit-Gesprächspartner, während wir uns die eher Lifestyle-ausgerichtete FitBit Blaze anschauen. Mit farblichen Miniscreen stellt sie das eher trendige Gegenstück zur FitBit Surge dar, die mehr für leistungsorientierte Sportler geeignet sein soll. Die Blaze kann man mit Accessoires aufhübschen – eben wie die meisten Lifestyle-Wearables.
ISPO Award für FitBit
Ausgezeichnet wurde die FitBit Blaze – worauf ein stolzes Lächeln sich bei meinem Gegenüber breit macht – und verdient hat die Blaze es sicherlich. Eine gesunde Kombi zwischen trendigem Accessoire und Fitness-Tools, die ideal für Menschen sein kann, die einen Fitnesslifestyle gewählt haben. Und die kann man für 229,95 Euro vorbestellen – ein fairer Preis, oder?
Fitness-Begleiter gefunden, und nun?
Klingt alles spannend? Ja, finde ich auch. Wie jedoch die Fitness-Begleiter wirklich sind, kann ich noch nicht beurteilen. Das Kennenlernen von FitBit und den Produkten war spannend, Dinge wie FitStar – dem eigenen Trainingsprogramm, das auch auf der Uhr abläuft – sind für mich von geringerer Relevanz. Ich möchte jetzt erst einmal wissen: Was kann die Uhr im Alltag, hält sie wirklich Duschen aus, erkennt sie Sport korrekt und wie schauts mit meiner Schlafqualität so aus? Fragen über Fragen, die ich sicherlich bald beantworten kann. Es wäre schön ein so vielseitiges Gadget zu haben, das unkompliziert funktioniert und meinen Fitness-Alltag ergänzt. Mal sehen, mal sehen…
Ajo, die sollten dir mal eins zum testen geben. Vielleicht funktionierts ja besser als die erste Generation von Fitnessarmbänzeln. Frag mich trotzdem a bissel ob die erhobenen Daten dem Käufer oder im Nachhinein doch eher dem Hersteller etwas bringen….
Ich denke, dass die auf jeden Fall dem Hersteller etwas bringen. Aber welche Daten werden nicht weitergegeben? Ich für meinen Teil habe damit wenig Probleme, aber beispielsweise die FitBit Surge ist ja mehr als ein Armband – da wär’s interessant zu wissen, ob dieses Mittelding zwischen Schrittzähler und Garmin Forerunner wirklich so cool ist. Mal sehen, ich hoffe die bald zu testen! Dann weiß ich mehr 🙂
Alles hat seinen Preis. FB ist kostenlos, dafür zahlt man mit seinen Daten. FitBit gönnen sich noch 230€ und bekommen deine Daten obendrauf. Etwas greedy, nicht?
Außerdem handelt es sich um Daten die in gewisser Weise Rückschlüsse auf dein Wohlbefinden, Aktivitäten, Bewegungsverhalten usw. zulassen. Private Krankenversicherungen hätten daran bestimmt ein reges Interesse…
Alternative ist natürlich du setzt dir ein aus Alu gebautes Hütchen auf und produzierst alles nur noch selber 😉 Greedy finde ich es nicht, das ist meiner Meinung nach einfach deine Sicht der Dinge. Solang du nicht ein Herzfrequenzmesser mit digitaler App und Service-Betreuung sowie Auswertungs-IT für weniger Geld auf die Beine stellen kannst, finde ich es auch etwas übertrieben-besorgt.
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Jaja, stell mich ruhig als paranoid dar.
Klar kostet die Entwicklung und du bekommst ja auch ein Armband. Aber die Lukrativität von Datenhandel lässt sich doch wohl auch nicht abstreiten. Also kassieren sie meiner Meinung nach doppelt.
Was dabei schon ist alles preiszugeben? Nichts, solang es nicht in die falschen Hände gerät:
“ Amsterdam gilt seit jeher als Musterbeispiel gelungener Stadtplanung. Bereits 1851 begann die Stadt, systematisch Daten der Bevölkerung zu erheben, um optimal ihre Ressourcen zu verteilen. Fürs „Bevolkingsregister“ gaben die Einwohner bereitwillig Beziehungsstatus, Beruf und Religionszugehörigkeit an. 1936 stieg man sogar auf die Datenerfassung mit einem hochmodernen Lochkartensystem um. 1939 aktualisierte eine Volkszählung das Stadtregister nochmals.
Im Mai 1940 rissen die einmarschierten deutschen Besatzer das Register an sich und ermittelten anhand dieses Datenschatzes in wenigen Tagen fast alle jüdischen Einwohner. Ein Großteil der rund 100 000 Amsterdamer Juden wurde ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Von einem Tag auf den anderen entschied ein Marker im Big-Data-Pool über Leben und Tod. Zuvor hatte 90 Jahre lang niemand etwas zu verbergen gehabt – schließlich diente die Erfassung ja dem Wohl aller.“
(C’T Magazin Editorial, Ausgabe 17/2015)
Ich glaube weder Aluhut, noch komplette Blauäugigkeit ist gut. Ein gesundes Maß an kritischem Denken und Hinterfragen jedoch schon.
Klar, ein gesundes Maß ist sehr gut und auch notwendig – ein Sortieren ist da besonders relevant, wenn man die digitale Entwicklung begutachtet. Aber wie es so schön ist: jeder definieret „gesundes Maß“ anders und setzt unterschiedliche Grundregeln fest. Unwissenheit schützt vor Dummheit nicht und so weiter und so fort. Ich für meinen Teil weiß wem ich welche Daten gebe und geben möchte – und wenn ich eben eine Uhr für ein paar Wochen teste, dann mache ich das mit dem Wissen, dass Daten gespeichert werden und ich jedoch Daten ebenfalls erhalte. Ein übereifriges Maß an Kritikfreude mit Bezug auf Überwachung und Daten finde ich einfach schwierig im weitläufig digitalisierten Land und Statements wie „FB macht das umsonst, FitBit zahlste noch Kohle“ finde ich minimal übertrieben. Wie ist denn die Gewinnmarge wenn man die Produkte anschaut, wieviel Umsatz wird durch Daten gemacht, welcher Umsatz ermöglicht die Weiterentwicklung im Sinne der „Gesundheit“ bei FitBit? Interessante Fragen, ich könnte ja mach nachhaken…