Letztes Jahr bin ich einfach losgelaufen. Von Thalkirchen aus. Weil ja jeder sagte „Mei, die Isargegend is ja schon perfekt zum Laufen.“ Und das wollte ich mal selber ausprobieren. Rucksack umgeschnallt und los ging’s. Nach einer Weile entdeckte ich die MTB-Trails, die sich links der Strecke entlangzogen und kurz darauf war ich selber auf den Singletrails unterwegs.
Ich lief das erste Mal ein paar Kilometer, dann über die Brücke bei herbstlichen Blätterpornos und dann weiter nach Pullach. Das zweite Mal bretterte ich ein Stückchen weiter: An der Grünwalder Brücke blieb ich links und entdeckte traumhafte Trails, die sich wie Schlangenlinien durch den Wald und Matsch zogen. Aber solange hatte ich nicht geplant zu brauchen und es wurde dunkel. Im Wald. Irgendwo. Ohne Licht. Stock. Finster. Yeah. Also kurz irgendwie ein Signal erhaschen, auf dem iPhone checken wo ich war und statt nach Schäftlarn ging’s nach Straßlach. Zur Zivilisation zurück, zum Licht. Das dritte Mal kam ich nur nach Baierbrunn. Aber meine Beine pochten immens, da ich jeden Trail, den ich nur hätte entdecken können mitgenommen habe. Und bei mir haut das ordentlich rein – als relativ untrainiertes Ding.
Und jetzt. Diese Strecke gemeistert!
Samstag, 14.44 Uhr in Thalkirchen losgelaufen und Runtastic angemacht. Man will ja mal wissen wieviel man läuft und wielange man braucht. Und weil ich einfach wirklich nach Wolfratshausen – diesmal in Echt – kommen wollte, habe ich die ersten Trails einfach ausgelassen und bin auf dem normalen Weg entlang gehoppelt. Extra langsam, ich kenn mich ja. Und warm genug ausgestattet, ich will ja nicht nochmal frieren.
Von Thalkirchen am Zoo vorbei, weiter an der Menterschwaige vorbei und dann ab auf die Trails. Weiter über Wurzeln, Baumstämme und gewundene Pfade bis zur Grünwalder Brücke. Einmal rüber und links weiter, der Isar entlang folgend. Ein bisschen Trail hier und bei einsetzenden Regen konzentrierte ich mich dann auf den hügeligen Wanderpfad. Langsam wurde ich doch müde und Schäftlarn als erstes größeres Ziel war noch einige Kilometer entfernt. Bei Kilometer 15 gab’s dann ein Gel, das ich noch nie so schnell ausgezuzelt hatte und im strömenden Regen wurde dem langen, durch einsamen Wald gehenden Weg gefolgt. Im Sommer sicherlich bombastisch toll – diese Wälder, die Aussicht! Aber gerade wollen die Beine nicht den Hügel hoch, garnicht hoch. Also etwas Wandern, bis sie wieder locker sind.
Schäftlarn – hoch nach Hohenschäftlarn, an der Birg (ne, das heißt echt so!) vorbei weiter zu Kloster Schäftlarn und dann erstmal… hä, wohin? Erst zeigte das gelbe Wanderschild „Wolfratshausen 10,5km“ an. Nach ca 2km Laufen sagte es dann „Wolfratshausen 11,5km“. Ich bin verwirrt. Ja wasn nu? Willste mich verarschen, hä? Gab’s da einen Geheimweg? Und das gelbe Ortsschild, das einzige was da so rumlungerte, sagte nicht „Wolfratshausen 8km“ sondern „Straßlach 8km“. Hm. Google Maps auf, warten, suchen, noch verwirrter drein blicken, drauf scheißen und einfach laufen. Durch das Warten fror ich im Regen auch etwas, daher: Lauf!
Also hin zur Isar, statt sie zu überqueren einfach den Naturpfad zum Stausee Icking folgen, über eine hölzerne Brücke am Stausee ging’s dann in einen dunklen Wald und einen beschissenen Weg. Kies neu aufgeschüttet. Ich lief und fühlte mich als würde ich eher rückwärts laufen. Oarg, also Wandern bis der Weg wieder normal wurde. Und dann mit Stirnlampe im Regen auf Trails entlang der Isar. Mondlicht schein auf das Tal während ich mich immer weiter auf den wirren Pfaden nach oben schraube, durch Matsch stampfe und den Weg verliere.
Als ich dann endlich Lichter sehe und die Gleise weiß ich, dass ich es geschafft habe. Ich laufe und laufe und laufe – weiter, noch ein paar Kilometer und der S-Bahnhof liegt vor meiner Nase. In einer Minute Abfahrt nach München? Perfekt, doch noch gut durchgehalten! Und… geschafft! Leicht irre grinsend geh ich ordentlich atmend in die S-Bahn und klopfe mir selbst imaginär auf die Schulter. Endlich 30km geknackt, hart genug war’s ja schon.
In der S-Bahn schluckt die Runtastic-App meine restlichen 82% Akku und ich erfahre wohl nie was Runtastic zu meiner Leistung sagen würde. Daheim gebe ich die Daten in Gpsies ein, schaue mir die Route und die Umwege an, die ich gelaufen bin und bin baff: ca. 38km. Deswegen fiel mir das Atmen zwischendrin so schwer. Und deswegen wollten die Beine einfach nicht. Und deswegen hatte ich so irre großen Hunger, dass ich meine Hand beinahe aufgegessen hätte. Die Badewanne danach war toll, das Schlafen nicht so und mein Hunger war vollkommen verflogen. Verwirrt war ich schon.
Was lerne ich daraus?
- Mehr Gels einpacken.
- Nicht mehr Runtastic für längere Strecken verwenden (zum Telefonieren ist’s wichtiger).
- Knie bei solchen Strecken oder beim vielen Laufen Tapen (ja, es tut weh).
- Eine Dankesmail an X-Bionic schicken, das Oberteil ist einfach nur unglaublich toll beim Laufen!
- Überlegen, wie man das unglaubliche Frieren nach dem Laufen auf dem Weg nach Hause vermeiden kann. Zähneklappernd auf die Tram zu warten, während man drei Schichten an hat ist ekelhaft.
- Und… nochmaaaaaaal! 😀
Was habe ich jetzt geschafft?
- Die 30km-Distanz geschafft und sogar auf 38km gekommen
- 4,5 Stunden durchgelaufen
- Im Dunkeln mit Stirnlampe im Regen auf vollkommen unbekannten Singletrails durch die Gegend gestolpert
- Nicht aufgegeben obwohl ich es hätte können
- Meinen Laufstil so angepasst, dass sich das Knie während dem Laufen beruhigen konnte
- Und Nicht-Trail-Schuhe – meine geliebten Mizuno Wave Sayonara die ich nie wieder hergeben werde – in Trailschuhe verwandelt 😉
Montag Früh so einen Bericht zu lesen macht gleich Freude auf den nächsten Lauf. Am liebsten gleich los, nur blöd dass Flug und angesetzte Meetings das verhindert. Heute Abend aber!
Weiter so!
Lauf
Deine Laufgeschichten sind schon ein bisschen irre. 38 Kilometer sind eine Distanz, die selbst die wenigsten Marathonläufer im Training je gelaufen sind.
Glückwunsch und großen Respekt zum Durchhalten! Aber eine schlechte Nachricht habe ich für dich: In Rodgau gibt es keine heiße Badewanne danach 😉
Ist eine schöne Strecke, die unendliche Variationsmöglichkeiten bietet. Wir können die gerne mal zusammen laufen. Das Frieren danach ist nur durch schnelles Wechseln der unteren beiden Klamottenschichten nach dem Laufen zu vermeiden, also in den Trinkrucksack gehört neben der üppigeren Verpflegung auch was Trockenenes zum Anziehen. Gut gemacht!
Frieren lässt sich auch so vermeiden, indem Du das nächste mal mit der Bahn zuerst rausfährst und von dort dann zurück nach Hause läufst – so machen wir das. Respekt für Deine Leistung!