Bodenseegravelgiro 2017: Gelungenes Auf und Ab für Crosserfans

Der Bodenseegravelgiro fand dieses Jahr wieder in Ravensburg beginnend statt. Und wenn man denkt es gäbe nicht genug Verrückte, die mit ihrem „Rennrad“ über so schlimme Strecken wie Waldtrails, Schotterwege und Waldwiesen fetzen würden, dann wurde man definitiv eines Besseren belehrt. Denn es gab genug Radfahrer, die ihre Räder stolz zur Schau trugen, Kappen tauschten und über dies und das fachsimpelten. Der übliche Wahnsinn – diesmal mit einer schottrigen Note allerdings. Für mich war es ein Traum endlich andere Gleichgesinnte zu treffen. Andere Radfahrer, die bei Kieswegen nicht „Igiiiitt mein Rad“ sondern „Juhuuu, gib ihm!“ brüllen.

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Auch dieses Jahr lud wieder VPACE, ein kleiner aber sehr feiner Radladen in Ravensburg, zum Gravelgiro zum Bodensee und retour ein. Man fand sich pünktlich morgens am Laden auf Kaffee, Goodie-Bag und Kennenlernen ein. Pünktlich verspätet fuhr dann die ganze Bagage los, ein einheitliches Einklicken gefolgt von einem wunderschönen, Gänsehaut erzeugenden Surren der Räder umhüllte die Gruppe von sicherlich 50 Crossfahrern. Raus aus Ravensburg, ab auf den Schotter. Und mir kam zum zweiten Mal der Gedanke, dass ich einen strategischen Fehler wohl gemacht hätte. Mit einem Singlespeed-Crosser war ich die einzige die verrückt genug war dieses Auf und Aub, was uns erwartete, auf sich zu nehmen. Und das als kleines Schnauferl. Ob ich noch Restalkohol im Blut hatte? Nein, ich hatte nur ein nicht funktionierenden Schaltungscrosser daheim und fuhr seit ich meinen Singlespeed-Crosser hatte eben nur mit diesem. Weil es viel mehr Spaß machte und einfach einfach war. Nur jetzt hatte ich eine Gruppe, die fetzte und am Berg schalten konnte. Ich konnte nur fluchen. Und schnaufen, damit ich nicht ersticke. Aber ich fuhr mein Tempo, ein anderes war eh nicht möglich. Das erlaubte mir strategisch sinnvoll die Truppe von der Mitte ab bis nach hinten durchzuarbeiten und eine Vielzahl toller Radfahrer kennen zu lernen. Bis ich auf einen anderen Singlespeeder traf. Liebe auf den ersten Blick wär wohl etwas übertrieben, aber man sah dem guten Mann an, dass er verstand, was ich da gerade durchmachte. Bester Mann.

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Die Strecke war wunderbar. Eine Strecke, wie sie einfach jeder fahren sollte, der sagt, dass Crossen langweilig wär. Einfach. Immer dasselbe. Nur fade Wanderwege. Ha! Von Wiesenwegen über lose Schotterpisten zu Singletrails und gemütlichen Waldwegen war alles dabei. Und ich liebte sie alle. Außer die letzte lose Steinpiste, die mit ihrem minimalen Anstieg und dem Durchschütteln mich fast laut hat fluchen lassen. Aber ich versprach mir selbst ja, dass ich nicht mehr laut fluche. Welches Bild bekämen denn da andere von mir, wenn ich wie ein Rohrspatz schimpfend zum Bodensee eimern würde.

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Im Eimer war ich zwar noch nicht, als wir am Bodensee und der wohlverdienten Pause bei Kilometer 72 ankamen. Aber meine Beine waren müde, ich merkte die 1000 Höhenmeter und die 92km die mit Anfahrt bereits hinter mir hatte. Zum Glück hatte das Sören wohl gemerkt, denn ganz für mich allein stand da ein Eiswagen, der meinen Zuckerspiegel wieder etwas anhob. Ein bisschen Sonne am Bodensee, ein Speedo-tragender Dirk im Wasser, oben ohne und minimal kasige Radfahrer am Ufer, durchschnaufende Pausierer auf Campingstühlen mit Bananen im Mund und Getränk in der Hand… bis es weiter ging. Und Team Singlespeed aka Awesomeness bildete die geheime dritte Truppe „Komplette Strecke aber gechillt“, der ich mich anschloss. Und das Leiden nahm seinen Lauf. Denn meine Beine waren müde, müde und nochmals müde. Martin kümmerte sich liebevoll um mich „Sag aber Bescheid, bevor du so vom Rad fällst, okay?“ und ich lachte bei der Vorstellung. Die Fahrt durch Apfel-, Birnen und Zwetschgen-Plantagen half nicht besonders, da ich im Dauerhungermodus auf Obst über die Steine pedalierte. Aber ich pedalierte und schnaufte und hörte André jammern, dass er doch sein Singlespeed hätte nehmen sollen anstatt seines Crema Cycles Gängerads. Versteh ich total. Ich wünschte mir nur etwas stärkere Beine.

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Wo Schotter liegt, da sind Platten Alltag. Zum Glück nicht bei uns und unserem Gravelreifen, aber dafür bei einigen anderen. Schaltungen verabschiedeten sich, Scheibenbremsen zickten, Ketten verschwanden im Wald, Ersatzschläuche fingen an Mangelware zu werden – so wie es sein soll. Der ultimative Wahnsinn eben. Ein gelungener Crosstag eben, würde ich jetzt sagen.

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Angekommen bei VPACE wurde das Armband gegen ein Bier getauscht und alle Radler warteten – sogar mit Radler in der Hand – auf das Essen. Das ließ etwas auf sich warten, bis dann Salatbuffet, Pasta-Wagen und riesiger Hunger bereit waren. Danach ging es mit minimal schmutzigen Crosser, voller Musette und schweren Beinen zurück – für mich diesmal nicht mit Rückfahrt per Rad sondern per Zug. Mit 129km und 1.300 Höhenmetern war das ein absoluter perfekter Crosstag. Danke an VPACE und alle Organisatoren sowie an mein Team Singlespeed. Danke und bis nächstes Jahr!

Eine Antwort zu “Bodenseegravelgiro 2017: Gelungenes Auf und Ab für Crosserfans

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