Mädchen laufen. Also auch Frauen, aber Mädchen klingt mädchenhafter, daher sage ich einfach nur mal Mädchen. Mit Mädchen assoziiert man eher quickfideles, junges, lustiges und pinkes Verhalten. Als Frau ist man erwachsen, cool, lässig und weiß voll Bescheid. Vielleicht sollte ich also über Frädchen schreiben. So ne Mischung halt, von beidem das Beste. Also Frädchen.
Also nochmal: Mädchen laufen also. Lange Strecken, kurze Strecken. Im Park, im Wald, an der Straße. Im Dunkeln, am Morgen, bei Regen, bei Sonnenschein, im Winter sowie im Frühling. Einmal die Woche, einmal im Monat oder jeden Tag. Jede läuft wo wann wie oft und wie lange sie mag. Und vor allem: „wie“. Wie läuft man dann so als Mädchen. Wie läuft man denn eigentlich als Läufer? Wie läuft man nicht als Läufer und wieso laufen viele Läufer eben genau so – als Läufer. Sagte ich schon Läufer?
Mädchen laufen aber anders als Jungens. Das liegt ein bisschen am Körperbau. Ein bisschen an dem Verständnis weshalb man läuft. Dann an dem Grund, warum sie denn laufen. Und dann liegt es auch daran, ob sie gerade von einem kläffenden Hund verfolgt werden oder in der stockfinsteren Nacht ganz alleine durch einen Wald hetzen.
Wie laufen Mädchen? Lustig. Sportlich. Verzweifelt. Langsam. Männlich. Stolz. Selbstbewusst.
Ich möchte vorab sagen, dass ich mich als Mädchen nicht von der Sippschaft der laufenden Mädchen abgrenze. Ich sehe auch unterschiedliche Laufarten und -typen nicht als schlecht an, nur als interessant, unterhaltsam und spannend. Manchmal. Ich laufe besonders eigen, das höre ich auch von vertrauten Laufpartnern immer wieder. Wer meinen Laufstil erraten kann aus der folgenden Liste, der kriegt … irgendwas. Ein pinkes Haarband. Oder Stirnband. Ein Paket voller Kirschen.
Die Ich-jogge-damit-ich-sagen-kann-ich-mach-was-Läuferin
Bloß keine zu großen Schritte. Langsam, gemählich, fast stehen-bleibend wird hier die Gegend erkundet. Das eine Bein schwebt, während das andere am Boden festklebt. Walking war nie näher am Laufen dran. Aber, so als Mädchen, muss man ja was tun. Joggen an der Isar gehört zum Klischee, also schön shoppen und raus. Make-up muss zu den Socken passen und Schweiß könnte eventuell hässlich-rote Flecken zaubern. Daher gemählich anderen zeigend, dass sehr wohl was getan wird. Bäm, siehste, ich jogge!
Die Ich-hab-gehört-man-muss-die-Arme-bewegen-Läuferin
Hin und her und hin und her schwingen die Arme. Bei jedem anders, aber sie schwingen. Irgendwie. Und dann gibt es die, die mit jedem Vorschwingen sich imaginär ein Glas an die Lippen halten möchten. Ein Zeichen des Dursts? Ein Zeichen, dass die Lippen trocken sind? Nein, Barbara Meier von Germanys Next Topmodel zum Beispiel läuft so. Einen Marathon. Schaut staksig aus, trainiert aber sicherlich die Arme, die wie Pendel vor und zurück schwingen. Nur drückt diesen nie einen Becher Iso-Getränks in die Hand. Könnte schief gehen.
Die Ich-bin-so-awesome-locker-super-drauf-Läuferin
Ohne Witz, ich kicher immer. Sie wehen immer an mir vorbei, diese Läuferinnen, mit einem Gesichtsausdruck vollkommener Überzeugung und Begeisterung. Eventuell geht mal eine Augenbraue hoch, wenn sie andere Läufer passieren, aber das Ich-bin-awesome-Grinsen, etwas süffisant, bleibt unverändert. Leichtes Hohlkreuz, elegant weibliche Haltung der zu kleinen Fäusten geformten Hände und lange, lockere Schritte. Fraglich nur, was passiert, wenn sie mehr laufen und dann mit dem Mund atmen müssen. Wo bleibt dann das Grinsen nur?
Die Eigentlich-bin-ich-eine-Profitänzerin-Läuferin
Mit Musik in den Ohren läuft diese Art von Läuferin nicht. Sie läuft ihre Choreographie und bewegt dementsprechend Arme, Kopf, Beine und Hüfte leicht hyperaktiv erscheinend dazu. Das heißt, sie tanzt – auf eine sehr seltsam und falsch erscheinende Art – die Laufstrecke entlang. Rythmus? Fehlanzeige, denn jede abrupte Hand-Bein-Kopfbewegung bringt sie aus dem Lauftakt, aber besser kann man Bewegungslust, wenn sie nicht tanzen kann, wohl nicht umsetzen. Und Rythmus im Blut? Den hat sie hoffentlich.
Die Weil-ich-ein-Mädchen-bin-Läuferin
Sie ist ein Mädchen, die ein Mädchen ist und auch zeigen will, dass sie ein Mädchen ist. Pinke, lilane, bunte, grelle Farben. Je kürzer desto besser, je weiblicher desto glücklicher. Make-up? Logo! Gemachte Haare? Natürlich! Aufeinander abgestimmte Farbkombinationen plus Markenkleidung? Halloho, selbstverständlich! Training bis zum Umfallen, Intervalltraining, Laufen bei jedem Wetter, Hechten durch den Matsch? Äh, nö. Bin doch ein Mädchen, mag ich nicht und muss ich nicht. Ich bin hübsch und laufe nur bei schönem Wetter und um Blicke auf mich zu ziehen. Weil ich das kann bitches.
Die Eigentlich-führe-ich-gerade-einen-Boxkampf-aus-Läuferin
Vorsichtig. Geduckt. Leicht männlich. Arme nah am Körper, nicht viel Geschlenkere und nicht viel Herummurkserei. Hier geht grad ein Kampf ab, ein Kampf mit dem inneren Ich der Läuferin. Schutzhaltung und drauf achten, wann der nächste Angriff kommt. Ich bin cool, lässig und locker – eigentlich nicht, aber ich fühl mich so. Ich bin draußen und rocke die Welt, also irgendwie Rocky Balboa. Zeig mir was du hast, Welt!
Die Weil-ich-eine-Ente-sein-möchte-Läuferin
Hohlkreuz muss her. Sofort nach den ersten Laufschritten gehen die Arme mit Händen in eine Enten-Pose: Handflächen werden locker nach unten geklappt, baumeln nun vor sich hin wedelnd da rum. Unterarme kommen auf Brusthöhe und bleiben da, Oberarme nah am Körper. Pitsche patsche Feder, Wasser mag doch jeder – nur hier wird Luft gepaddelt. Ob das schneller macht? Man sollte sich doch mal das Thema „Triathlon“ überlegen, wenn man schon so unterbewusst paddelt.
Es gibt soviele Laufarten, Lauftypen, Laufbegeisterte und Laufgründe. Die eine Laufart ist effektiver und gesünder als die andere, andere Läuferinnen wiederum interessiert das nicht, sie wollen nur ein bisschen unterwegs sein. Andere haben sich Schutzhaltungen antrainiert aufgrund Schmerzen oder leichter Probleme und wiederum andere haut es ständig hin, wenn sie nach Profi-Tips (Hallo Herr Bunz!) laufen würden.
Ich lauf so wie ich laufe und mit mehr Laufen verbessert sich mein Laufstil, aber weil jeder Mensch anders ist wird auch jeder Mensch seine ganz persönliche Art zu Laufen haben. Vielleicht eine Ente, die Rocky Balboa und Pink-Lady sein will, aber nur im Sommer läuft? Wer weiß, wer weiß.
Wer sich nicht findet – nur die, die sich finden wollen – kann ansonsten gerne seine Art von Lauftyp hier mitteilen. Es fehlen ja noch einige 🙂