Ich wär‘ dann mal in München. Umzug geschafft – definiere „schaffen“ – und die erste Arbeitswoche bei dem neuen, ersten richtigen Arbeitgeber auch schon geschafft – wieder mal „schaffen“ definieren. Also eine Woche München: Check.
Weil ich davor dank Klausuren, Umzugswahn, Bachelorarbeit und sonstigen schrecklichen Dingern das Laufen nicht mehr ganz so auf die Reihe bekommen habe, musste ich raus. Auch in der ersten Woche schon. Raus raus raus. Laufen.
Gedacht, entschieden, getan.
Da laufe ich gemächlich die Straße entlang und bin verwirrt. Menschen. Ich mein, klar, hups, irgendwo müssen ja die Menschen auch auf dem Planeten Erde in Massen zu finden sein, aber doch nicht wenn ich laufe. Und soviele verknittere Gesichter. Müde Gesichter. Erstaunte Gesichter. Kritisch, neugierig, Augenbrauen-hochziehende Gesichter.
Unter meinen Füßen der Asphalt. Hinter mir Menschen und vor mir Menschen. Auf der Seite die Straße und das regelmäßige „vrooomm – vrooom – vrooom“ der vorbeibretternden Autos macht mich nervös. Dann auch noch Ampeln, die ich gerne ignorieren würde, aber schon in der ersten Woche München zu Matsch gefahren zu werden, war nicht ganz mein Plan gewesen.
Trotzdem: Mein Hirn wird langsam Matsch, ich bin überfordert von „soviel“. Menschen. Autos. Lärm. Bewegung. Asphalt. Ich muss in Wald. Auf die freie Strecke.
Dachte ich noch, als ich den Hirschgarten erreiche und mich hineinstürze. Mit lechzendem Blick warte ich auf das erlösende „Ah“ das ich immer verspüre, wenn ich von Asphalt auf Kies/Waldboden/Erde wechsel. Ich warte. Und warte. Hoppala, die Wege sind ja asphaltiert. Mit leichter Nervosität und Angst davor, dass ich mich gleich strampelnd auf die Wiese werfe laufe ich weiter und entdecke einen Hügel. So. Ende Gelände, ich mag nicht mehr. Also ab durch‘s Gebüsch, auf den Hügel… und schon finde ich kleine, geheime Trails, die sich durch die kleinen Baumansammlungen und Umgrenzungen des Hirschgartens schlängeln. Ich hüpfe ein paar Kilometer umher, bis ich das Gefühl habe im Kreis gelaufen zu sein und setze mich wieder dem Asphalt aus.
Soviel zum Thema „Ich lauf in München einfach in einem Park“.
Beim Laufen verdrücke ich innerlich ein paar Tränen und sehne mich nach den Kiefernwäldern, den Kieswegen am Europakanal, den Wiesenwegen durch das offene Gelände und dem vom Sonnenuntergang verfärbten Himmel. Ganz zu schweigen sehne ich mich nach den Bergen und den bayrischen Wäldern und den gewundenen Wegen.
Asphalt ist sicherlich toll. Sicherlich. Und in der Stadt laufen ist auch sicherlich prima. Aber ich fühle mich gehetzt, gestresst und komme mir vor, als würde ich über die Asphaltwege rollen anstatt zu laufen. Laufen in München ist wohl nicht mein Ding und könnte fast heulen deswegen.
Aber erst bei meinem letzten Lauf querbeet durch München empfinde ich soetwas wie Ruhe. Vielleicht liegt es an der Distanz, dass es mehr als 10km waren. Oder daran, dass die Dunkelheit die Stadt in ein glitzerndes Tuch gehüllt hat. Oder daran, dass auf breiten Kieswegen des Nymphenburger Schloßparks den letzen Fetzen des farbigen Abendhimmels entgegen gelaufen wurde. Oder war es der Duft nach Erde, Laub in den verschlafenen Straßen, die keinen Gedanken an Großstadtstreß aufkommen ließen. Oder war es das Wissen, dass ich am Wochenende an der Isar entlang laufen darf und die geliebten Berge doch garnicht mehr so fern waren, wie bisher. Ich weiß es nicht.
Auf jeden Fall bewegten sich meine Beine die ersten Kilometer wie von selbst und nach Kilometer 5 merkte ich, wie ich endlich, endlich zur Ruhe kam.
Ach. Scheiß auf Asphalt, hauptsache ich laufe.
ohje… bestimmt gewöhnst du dich schon bald daran und entdeckst weitere dinge, die dich dein neues zuhause gern haben lassen! also auch zum laufen… den schock mit den menschen kann ich mir aufgrund deiner beschreibung lebhaft vorstellen – vielleicht ist es ratsam die uhrzeiten mit bedacht auszuwählen…
Danke – ich hoffe auch, dass ich bald „meine“ Laufstrecken habe. Der Morgen hier ist definitiv nicht der beste, eventuell muss ich dafür in eine andere Richtung laufen… Bin gespannt was ich noch so entdecke 🙂
Herzlich willkommen in München!
Die mürrischen Gesichter lassen sich durch eine geschickte Wahl der Uhrzeit umgehen: Stichwort Morgenlauf.
Und versuch doch mal im Englischen Garten zu laufen; oder besser noch an der Isar entlang Richtung Süden, da gibt’s asphaltfreie Trails noch und nöcher!
Vielen Dank Basti 🙂
Ja, der Morgenlauf sollte eventuell nicht an stark befahrenen Hauptstraßen wie der Landsbergerstraße oder S-Bahn-Haltestellen führen – aber liegt auf dem Weg zum Hirschgarten, leider.
Den E-Garten kenn ich sehr gut, aber der ist definitiv zu weit weg für eine gemütliche <20km-Runde und wenn ich dann mit der U-Bahn zum Laufen fahre, dann aber gleich zur Isar 🙂 Ist aber leider am Abend kaum machbar, da ich frühestens um 18 Uhr aus dem Büro komme und dann noch heim muss.
Es bedarf eines Organisationstalent, das krieg ich aber auch noch hin – hoffentlich 😉