Leipziger Buchmesse. Ein Stand eines Belletristik-Verlags. Mit Schildchen und legeren Business-Look trete ich an den Informationsstand heran.
„Hallo.“
„Hallo, wie kann ich helfen?“
„Ich bin Studentin der Buchwissenschaft aus Erlangen und wollte Sie fragen, ob Sie ein Leseexemplar für mich hätten.“
Distanzierter Blick.
„Nein, tut mir leid. Wir geben Leseexemplare nur an Buchhandelsmitarbeiter oder Azubis aus.“
„An Azubis?“
„Ja.“
„Darf ich fragen warum ausgerechnet an diese und nicht auch an Studenten der Buchwissenschaft?“
„Nun, die Azubis befinden sich ja in der Ausbildung und haben nicht viel Geld, um sich Bücher zu kaufen.“
Sprachloses Staunen meinerseits.
„Aber wir als Studenten bekommen doch auch kein Geld fürs Studieren. Wir zahlen sogar was und einige nicht gerade wenig.“
„Nunjaaaa…“
„Viele bekomme Bafög und können nur deswegen studieren oder nehmen einen Kredit auf.“
„Tja, aber…“
Ich staune noch immer etwas sprachlos zwecks der totalen Sinnlosigkeit der Aussage.
Und überlege, ob es nicht besser gewesen wäre in Fetzen, halb verhungert und mit Ringen unter den Augen zu erscheinen. Aber das wäre für etwaiges Auftreten gegenüber potentiellen Arbeitgebern irgendwie… unpassend gewesen.
Die Verlagsdame zögert und kämpft mit sich selbst.
„Okay. Aber nur diesmal. Eine Ausnahme. Hier.“
Und damit greift sie unter den Tisch und drückt mir ein Buch in die Hand. Glücklich strahle ich sie an und bedanke mich.
In abgeschwächter Form wiederholt sich das bei den meisten anderen Ständen. Meistens erklingt ein „Eigentlich geben wir Leseexemplare nur an XY aus, aber ich mach da mal `ne Ausnahme für Sie.“ und ich habe das Gefühl dem Gegenüber die gute Tat des Tages beschert zu haben.
Manchmal bemerke ich, dass das Buch der Kategorie „Für unwichtige Menschen“ angehört. Manchmal freue ich mich so sehr, dass ich garnicht bemerke, dass ich ein Buch voller Leseproben – jawoll, Aufbau war da sehr produktiv – in der Hand halte.
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass man uns Studenten etwas im falschen Lichte sieht. Wir haben keine Unmengen von Geld, sodass wir uns nicht über ein paar tolle Leseexemplare freuen würden. Wir studieren Buchwissenschaft oder ähnliches nicht weil uns grad langweilig ist, sondern weil wir – man will‘s kaum glauben – tatsächlich Bücher mögen. Und nicht jeder Student wird sang- und klanglos von den Eltern vollfinanziert, sodass der Nebenjob, der die kostbare rare Freizeit frisst, nicht für Bücherträume sondern für Essen, Kopien und Socken ausgegeben wird.
Nun gut. Ab und zu ist das ein oder andere Buch schon drin. Das liegt dann aber oft auf dem SUB. Und der zieht mit uns dann um, wenn wir unseren ersten Job antreten. Und dann dürfen wir kleinen, glücklich strahlenden Buwis auf der Buchmesse sagen:
„Sorry, nur für Buchhandelsmitarbeiter oder Azubis.“
Da opfere ich dann doch gerne meinen SUB.
Ooookay, ich dachte ja eigentlich immer, die Leseexemplare bekommen wir, damit wir die Bücher lesen und empfehlen können, nicht um Geld zu sparen. Aber gut, jeder Verlagsmitarbeiter mag das anders sehen
Aber ein Verlags-Azubi sollte doch nur die eigenen Bücher weiterempfehlen? Es wurde ja nicht beschränkt, dass nur Buchhandels-Azubis „kein Geld haben“ sondern allgemein umfassend die Azubis der Buchbranche gemeint. DAS versteh ich nicht 🙂
Aber es ist doch schön, dass Verlage euch Azubis finanziell mit Büchern unterstützen 😉
Dann teste doch nächstes Mal: geh z. B. zu Goldmann und sag „Ich bin Azubi bei Carlsen, haben Sie ein Leseexemplar für mich?“ *g* Ich war jetzt davon ausgegangen, dass Buchhandelsazubis gemeint waren, nicht generell Azubis.
Ui ja – unbedingt 😀 „Hallo, ich bin ein armer Azubi der Buchbranche…“ wenn sie mir dann was geben habe ich den Beweis 😀
Die meisten haben überhaupt keine Vorstellung davon, von wie wenig Geld Studenten leben. Mein Vater glaubt, ich würde leben wie Gott in Frankreich. Meine Brüder glauben auch, ich würde leben wie in Saus und Braus.
Das, was meine Brüder als Azubis verdienen und als Freizeitgeld zur Verfügung haben, ist das, mit dem ich jeden Monat mein Leben bestreiten muss. Würde ich nicht arbeiten gehen, hätte ich 120 Euro weniger zur Verfügung als Hartz 4 Empfänger. Bitter. Aber der studentische Geldmangel wird nicht als Gesellschaftsproblem deklariert.
Freut mich aber, dass du ein paar Bücher abgreifen konntest, auch wenn sie nur für Azubis gedacht waren 😉 Ich kaufe meine Bücher übrigens gerne auf http://www.medimops.de – studentenfreundliche Preise und gute Bücher, wenn auch gebraucht.
Wer nicht studiert hat, kann das schwer verstehen wohin das Geld fließt. Nicht unbedingt eine wichtige Erfahrung 🙂 Manchmal beneide ich die Azubis: Gehalt – wenn auch minimal – und Learning by doing. Danach ist eine Festanstellung sicherer als für einen Studenten. 😉
Ja, ein paar gute Leseexemplare waren schon dabei und ein paar konnte ich meiner Mutter geben – Krimis und Thriller. 😀 Aber ich glaube auch, dass Verlage das langsam kapieren, dass die Buchbranche nicht auch Azubis und Festangestellten besteht. Deswegen geben die alle schon Lexeexemplare raus – auch an Schüler 😉