Endometriose: Was, wie, warum

Manche wissen es, weil sie mir auf Instagram folgen. Andere wissen es, weil sie mir im echten Leben folg… ähm, okay, das klingt nach Stalking deluxe. Ich korrigiere: …weil sie mich im echten Leben kennen. Aber wie auch immer, es ist nämlich eine lange und komplizierte Geschichte: Ich wurde letztes Jahr mit Endometriose diagnostiziert. Eine Erleichterung, aber auch ein Schock, da ich eigentlich noch nie Probleme mit „da unten“ hatte.

„Da unten“ – eine Umschreibung des Unterleibs für all jene, die bei der Frauenärztin keine 10er-Stempelkarte haben oder sich nicht so intensiv mit mit den weiblichen Fortpflanzungsorganen auseinandersetzen, dass sie am Ende unwissenden Ärzten die Anatomie mit praktischen Schaubildern näher bringen können. „Da unten“ ist: Der Unterleib mit seinen Eierstöcken, der Gebärmutter, dem Douglas-Bereich, dem After, dem Darm und dem ganzen Brimborium, was da rumzickt, weil es da nicht hingehört.

Okay, was ist denn jetzt Endometriose?

Denn Endometriose ist ein Begriff für etwas, das vorhanden ist, aber eigentlich nicht dort sein sollte. Nämlich Gebärmutterschleimhaut. Für alle, die sich jetzt fragen, ob das so ähnlich wie die Nasenschleimhaut ist: Nö. Denn die Nasenschleimhaut blutet nicht einmal im Monat, weil keine befruchtete Eizelle sich im kuscheligen Uterus-Bett eingenistet hat. Und wenn in der Nase eine befruchtete Eizelle rumschwimmen würde, dann hätte ich hier und jetzt so einige Fragen an die- oder denjenigen. (Gerne auch per Mail.)

Laut dem Duden ist Endometriose also:

das Auftreten verschleppten Gebärmutterschleimhautgewebes außerhalb der Gebärmutter

Gebärmutterschleimhaut sitzt in der – Achtung – Gebärmutter und kleidet diese aus. Bereitet den Uterus eben auf die mögliche Eizelle vor, die dann in 9 Monaten zu einem in meiner Vorstellung äußerst schmerzvollen, aber sicherlich sehr berührenden und erfüllenden blablabla Event führt. Geschieht das nicht, also hat man verhütet, kein Sex oder Glück gehabt oder war andersartig aktiv, dann löst sich diese Schleimhaut. Ergo die Tage setzen ein. Dieses Loslösen der Schleimhaut kann mitunter sehr schmerzhaft sein, denn es macht nicht einfach nur „wusch“ und gut ist, die Gebärmutter bewegt sich mitunter auch. Krampft sich zusammen, um sich von dem gemachten Bett zu befreien. Und die Hormone, die das mitunter verursachen können auch in zu hohen Massen produziert werden, die schwimmen dann im Körper rum und lassen bspw. auch den Darm ein bisschen tanzen. Falls ihr euch fragt, warum es einem auch noch in anderen Bereich etwas mies geht. Der Körper arbeitet hochintensiv, Hormone werden ausgeschüttet und Gebärmutter&Co. vollziehen eine jeden Monat wiederkehrende Komplettsanierung. Wahnsinn.

Wahnsinn ist es aber auch, dass diese Gebärmutterschleimhaut auch außerhalb der Gebärmutter sitzen kann. Stell dir also vor, dass kleine Zellen an Bauchwand, Eierstock, After oder auf der Blase sitzen. Und durch die Beschaffenheit eben auch jeden Monat mitbluten können. Diese Schleimhaut ist deplatziert und löst dadurch dauerhafte Entzündungen aus, die wiederum dazuführen, dass sie wächst. Man nennt das dann Herde. Und diese Herde können nicht nur unfassbare Schmerzen verursachen, sondern auch verkleben. Sagen wir die Eierstöcke zusammenkleben. Einen Teil vom Darm abkleben, sodass ein Darmverschluss eintritt. Die Eileiter zukleben, sodass eine Schwangerschaft nicht möglich ist. Und und und. Das ist leider die Macht, die Endometriose haben kann. Zusätzlich zu den Gefahren, dass sich sogenannte Endometriose-Zysten bilden können, die häufig operativ entfernt werden müssen. Denn Zysten, kleine mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume, sind gefährlich, da sie platzen oder sich selbst oder den Eierstock komplett verdrehen können. Bei normalen Zysten, die jede Frau mal hat, ist es okay, wenn die nach einer Weile platzen. Es kann schmerzhaft sein, da Flüssigkeit austritt, die wie Endometriose-Herde eine Reizung verursachen. Aber nichts schlimmeres. Endometriose-Zysten, auch Schokoladen-Zysten, sind mit Blut gefüllt – weil Gebärmutterschleimhaut ja monatlich blutet – und das sollte nicht unbedingt in den Bauchraum gelangen.

-> Endometriose ist also eine chronische Schmerzerkrankung, in der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter für chronische Entzündungen, Verklebungen und Schmerzen sorgt. Ein Heilmittel ebenso wie eine genaue Erklärung woher es kommt, gibt es nicht. Noch nicht.

Und wie äußert sich das dann?

Ehrlich? Komplett individuell. Aber man kann sagen, dass unerträgliche Schmerzen vor oder während den Tagen, ein gutes Zeichen sein können. Und jeder Arzt oder Ärztin, die dir sagt, dass du halt „damit klar kommen musst“ oder „dass es jetzt halt dein Ding ist“ oder „dass du dich nicht so anstellen sollst“ den darfst du gerne den Stuhl über den Kopf ziehen und danach mit erhobenen Hauptes aus dem Zimmer marschieren.

Vor allem sind starke Schmerzen, die dich zusammen brechen lassen, die dich zum erbrechen bringen, die dich arbeitsunfähig machen oder die dafür sorgen, dass normales Gehen nicht mehr möglich ist, ein Tröten mit dem Nebelhorn. Das ist nicht normal und bedarf einer Expertin.

Aber auch Schmerzen, die andauernd sind oder die diffus ausstrahlen, ständige Schmerzen beim Urinieren oder Klogang, ein eingeschränktes Sexleben dank Schmerzen während des Verkehrs oder danach, Mittelschmerzen die nicht nur 2 Tage andauern… all das könnte der lieben Endometriose zugeschrieben werden.

Quelle: Endometriose-Vereinigung

Und wenn du gerade deine Pille/Hormonspirale abgesetzt hast und plötzlich mit Schmerzen zu kämpfen hast, dann hör zu und schau hin: Denn die Pille mit ihren Hormonen stoppt/dämmt den natürlichen Hormonhaushalt und damit die Endometriose. Nach Absetzen kann es sein, dass sich die Endo zurück meldet oder erst aufblüht, also ist auch hier ein Gespräch mit der Frauenärztin wichtig.

Endometriose äußert sich sehr unterschiedlich, deshalb wird sie auch als „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet. Manche Betroffene haben keine Schmerzen und auch keinen Behandlungsbedarf. Bei anderen wird eine Endometriose entdeckt, die laparoskopisch entfernt werden kann und danach treten keine weiteren Beschwerden auf. Leider trifft das nicht auf alle zu. Bei etwa der Hälfte der Patientinnen muss von einem dauerhaften Therapiebedarf ausgegangen werden. Endometriose hat eine hohe Rezidivrate, das heißt nach der Entfernung eines Herdes und/ oder einer Zyste können wieder neue entstehen. Viele Betroffene leiden unter chronischen Schmerzen und vielen weiteren Symptomen.

Endometriose Vereinigung

Und was kann man bei Endometriose tun?

Lieblingsmittel gegen Endo ist: Hormone. Und zwar Gelbkörperhormone ergo Gestagen. Das findet man in, genauuuu, der Pille. Oder in einem anderen Hormonpräparat wie der Spirale. Es ist bewiesen, dass reine Gelbkörper-Präparate durchgängig genommen die Endometriose eindämmen bzw. das Wachstum stoppen, sogar minimieren und die Beschwerden verringern. Allerdings stoppt man dadurch auch den natürlichen Hormonhaushalt, hat alle Nebenwirkungen von Hormonpräparaten und kann nicht schwanger werden. Und solltest du die Pille abgesetzt haben, weil du eben darauf reagierst, dann musst du die Vor- und Nachteile abwiegen. Für dich. Das kann dir keiner abnehmen und jede normale Frauenärztin wird, wenn du keine Hormone nimmst, gerne mal sagen, dass du dann selbst schuld an deinen Beschwerden hast. Auch hier darfst du gerne hysterisch auflachen, den Mittelfinger zeigen und gehen.

Solltest du keine Probleme mit der Pille bzw. mit einem Gestagen-betonten Präparat haben – Achtung, wirkt anders – und keine Kinder wollen, dann kannst du es ausprobieren. Du musst dich wohl fühlen. Dein Körper, deine Regeln, punkt.
Solltest du aber, wie ich, gegen Zusatzhormone sein, weil du Nebenwirkungen hast die noch schwerer wiegen als die Endo-Schmerzen, dann gibt es ein paar Dinge, die du berücksichtigen kannst:

  • Ernährung
  • Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine oder Selen
  • Schilddrüsencheck
  • Bewegung
  • Homöopathie
  • Pflanzenheilkunde
  • Meditation
  • Operation

Weil jedes Thema doch sehr umfangreich ist und ich auch viele Tipps habe, die ich aus Erfahrung mitgeben möchte, gehe ich hier nicht ins Detail. Wichtig ist zu verstehen, dass du nie schmerzfrei sein wirst. Eine OP mit Bereinigung aller Herde sollte nur und ausschließlich von erfahrenen Endometriose-Ärzten vorgenommen werden. Danach kann es gut sein, dass die Endometriose nie wieder kommt. Aber sie kann wiederkommen, das muss dir bewusst sein. Daher wird nur operiert, wenn ein Kinderwunsch vorhanden ist, wenn belastende Dauerschmerzen und/oder unklare Diagnose existieren oder die Endometriose tief infiltrierend ist, als nicht nur oberflächlich wuchert, sondern auch Darm und Blase intensiv und einschneidend befallen hat. Aber die Diagnose Endometriose kann meistens nur durch eine Bauchspiegelung bestätigt werden, kaum durch Ultraschall oder durch das Beschwerdebild. Und dafür ist ein Besuch in einem Endometriose-Zentrum unabdingbar.

Seiten, die weitere Infos haben und die dir helfen bzw. dir Endometriose näher bringen, auch wenn du selbst keine hast:

Fragen und mehr

Hast du Fragen? Willst du etwas genauer wissen? Was würde dir helfen, Endometriose besser zu verstehen oder damit klar zu kommen?
Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen, was du dir wünscht!

Eine Antwort zu “Endometriose: Was, wie, warum

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